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NEUROLOGISCHE REHA:
VOM BETT WIEDER AUF DIE BEINE

Über ein halbes Jahr musste Werner Block intensivmedizinisch behandelt werden, monatelang lag er auf dem Rücken. Der 85-Jährige galt schon als Pflegefall und doch erkämpfte er sich sein Leben zurück: Fünf Monate lang arbeitete er im Medical Park Bad Camberg während einer neurologischen Reha mit seinen Therapeuten daran, das Sprechen, Essen und Laufen neu zu erlernen.

Die Krankenakte von Werner B. steckt voller überraschender Wendungen. Es begann vor gut einem Jahr: Der ehemalige Berufssoldat kam gerade von einer Reise aus China zurück. Wieder zu Hause in Wiesbaden angekommen, sichtete er abends noch Urlaubsaufnahmen. Als er zu Bett ging, schlief er ruhig – alles schien normal. Doch das änderte sich in den folgenden Stunden.

Das Immunsystem des 85-Jährigen war von den Strapazen der langen Reise geschwächt, es entwickelte sich eine Mandelentzündung. Ein gesunder Mensch steckt das normalerweise leicht weg – nicht so bei Werner B. Seine Zunge schwoll an und fiel nach hinten in den Rachen. Er bekam keine Luft mehr, drohte zu ersticken. Als seine Lebensgefährtin neben ihm aufwachte, war ihr sofort klar: Das ist ein Notfall.

NEUBEGINN IN DER
NEUROLOGISCHEN REHA

Werner B. kam auf die Intensivstation und wurde dort in ein künstliches Koma versetzt. Im weiteren Verlauf hatte er mit zwei Lungenentzündungen, einer Thrombose und einer Infektion mit einem Krankenhauskeim zu kämpfen. Nach sechs Wochen wurde er in eine HNO-Fachklinik verlegt und dort fortan künstlich beatmet.

Erste Reha-Therapien brachten nur kleine Fortschritte. Er galt als Pflegefall – doch die Mediziner gaben Werner B. nicht auf. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Barbara H. entschieden die Ärzte, es mit einer Reha im Medical Park Bad Camberg zu versuchen.

Je länger eine intensivmedizinische Behandlung dauert, desto größer ist die Gefahr von Komplikationen.

Panagiotis Kostopoulos, Chefarzt Neurologie Bad Camberg.

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NEUROLOGISCHE REHA BEI
CRITICAL-ILLNESS-POLYNEUROPATHIE (CIP)

Am Anfang stand die Frage, welche Krankheit es überhaupt war, die Werner B. so ins Straucheln brachte. Chefarzt Kostopoulos hat darauf eine Antwort: „Eine eigentlich banale Mandelentzündung breitete sich sehr schnell und aggressiv aus. Es kam zu einer Eiteransammlung im Bereich des Rippenfells mit der Folge einer Sepsis – also einer Blutvergiftung. Werner B. musste deshalb für mehrere Monate intensivmedizinisch versorgt und künstlich beatmet werden. Je länger das dauert, desto größer ist die Gefahr von Komplikationen.“ Insbesondere die Nerven werden dabei in Mitleidenschaft gezogen.

Bei Werner B. kam es in der Folge der Sepsis zu einer Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP), einer schweren Erkrankung des peripheren Nervensystems. Die Häufigkeit von CIP wird oftmals unterschätzt: Sie tritt bei etwa 70 Prozent der Patienten mit Sepsis oder Multiorganversagen auf, die länger als zwei Wochen beatmet werden. Richtig auf den Grund gekommen ist die Medizin dieser Krankheit bis heute allerdings noch nicht, sagt Chefarzt Kostopoulos. „Der neueste Stand ist, dass viele Faktoren wie Entzündungsmediatoren im Körper oder die künstliche Ernährung in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass sich die Funktion der Nervenleitung messbar verschlechtert.“

 

HÄUFIGE SYMPTOME DER CRITICAL-ILLNESS-POLYNEUROPATHIE

  • Probleme bei der Entwöhnung von der Beatmung
  • Muskuläre Schwäche
  • Schluckstörungen
  • Muskelschwund
  • Eingeschränkte Funktionen bei der Wahrnehmung von Druck, Schmerz, Temperatur oder Vibration

Bei Werner B. verschwanden aufgrund der CIP nicht nur die motorischen Fähigkeiten, auch Schlucken und Sprechen war ihm unmöglich. So kam er schließlich in den Medical Park Bad Camberg: als Reha-Patient der Phase B, in der die intensivmedizinischen Behandlungen weiterhin vorgehalten werden.

Ganz ehrlich: Ohne Sprache habe ich am Sinn des Lebens gezweifelt.

Werner B., ehemaliger Patient im Medical Park Bad Camberg.

70 %

Anteil der Patienten mit Sepsis oder Multiorganversagen, die länger als zwei Wochen beatmet werden, und eine CIP entwickeln

NEUROLOGISCHE REHA
BEI INTENSIVPATIENTEN

Patienten, die nach längerer Intensivbehandlung entlassen werden, stellen eine besondere Herausforderung für Reha-Kliniken dar. Oft geraten schwer kranke Patienten von der stationären Akutversorgung direkt in eine Langzeitpflege, da sie als nicht-rehafähig gelten. Hier sind Spezialisten gefragt wie beispielsweise das Team vom Medical Park Bad Camberg.

Die Therapie in der auf neurologische Erkrankungen spezialisierten Fachklinik begann für Werner B. am 1. Februar 2019. Der erste Tag, an den er sich bewusst erinnern kann – nach acht Monaten Dunkelheit. „Jedoch war ich damals ein Mensch ohne Sprache“, sagt er. Die Trachealkanüle verhinderte, dass er seine Stimmbänder einsetzen konnte. Sie war aber ein wichtiger Schutz dagegen, dass Speichel in die Luftröhre gelang und eine neue Entzündung verursachte. Christina Knapp ist im Medical Park Bad Camberg Therapeutin für Logopädie. Sie weiß, wie belastend diese Situation für Patienten ist: „Man ist bei vollem Bewusstsein, nimmt alles um einen herum wahr. Man ist aber nicht in der Lage, die Stimmbänder zu nutzen und verbal auf sich aufmerksam zu machen.“

 

DER ANFANG IST NICHT LEICHT

Zu Beginn war Werner B. nicht sehr belastbar – weder körperlich noch psychisch. Nach der langen Liegezeit war er sehr schnell entkräftet, ihm wurde schwindelig, der Kreislauf bereitete Probleme. Die Geduld des Patienten wurde in dieser Phase auf die Probe gestellt. „Mal wolle er mehr, mal weniger, er hatte gute und weniger gute Tage, mal überwog die Hoffnung, mal die Frustration“, fasst Pyhsiotherapeutin Linda Thimm zusammen. Und doch gelang es Werner B. im engen Zusammenspiel mit den Therapeuten, die Grundlagen für seine Genesung zu legen.

 

WAS KANN EINE NEUROLOGISCHE REHA ERREICHEN? 

  • Ergotherapeuten helfen dabei, grundlegende motorische Fähigkeiten zurückzugewinnen wie beispielsweise sich selbst zu waschen oder anzukleiden.
  • Gemeinsam mit einem Physiotherapeuten wird nach den vielen Monaten in Rückenlage an der Mobilisierung des Körpers gearbeitet.
  • Beim ADL-Training werden Aktivitäten des täglichen Lebens trainiert wie z. B. das Überqueren eines Zebrastreifens.
  • Logopäden unterstützen dabei, das Sprechen und Schlucken neu zu lernen.
  • Mit dem Gangtrainer kann nicht nur das Gehen, sondern auch das Treppensteigen in einem sicheren Umfeld geübt werden.

Wir treffen uns regelmäßig bereichsübergreifend, um zu schauen: Was zeichnet den Patienten individuell aus?

Ramona Blume, Therapieleiterin Medical Park Bad Camberg.

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NACH DER
NEUROLOGISCHEN REHA

Wieder Vollkost essen, sich allein auf den Beinen halten, selbständig sein: Das Ergebnis harter Arbeit. „Ich habe mich nie vor ihr gescheut, aber es war anstrengend“, gab Werner B. zu. „Es hat sich gelohnt, dass ich keine einzige Therapie habe ausfallen lassen – das wird jetzt daheim so weitergehen.“

Nicht wieder in eine andere Klinik – nach der Reha ging es für Werner B. endlich wieder zurück nach Hause. Zwölf Monate dauerte seine Leidensgeschichte insgesamt. Dass sich all die Mühen, der Einsatz, die Disziplin und das Engagement während der Reha gelohnt haben, war nicht zu übersehen: Vom ehemaligen Intensivpatienten, dem drohenden Pflegefall, hat sich Werner B. zurück ins Leben gekämpft.

Dieser Artikel entstand mit beratender Unterstützung von Panagiotis Kostopoulos, Chefarzt Neurologie und Facharzt für Neurologie und Intensivmedizin im Medical Park Bad Camberg.