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STRESS & DEPRESSION
WENN ARBEIT KRANK MACHT

Über Jahre konnte man sich auf sie verlassen. Sie haben stets sorgfältig gearbeitet und das Unternehmen nach vorn gebracht. Plötzlich machen manche Mitarbeiter Fehler. Sie können sich nicht mehr konzentrieren, werden dünnhäutiger und reizbarer. Sie ziehen sich von den anderen zurück. Ist es nur Stress, vielleicht Überforderung – oder steckt mehr dahinter? Was Sie rund um depressive Erkrankungen im Arbeitsumfeld wissen sollten, verrät Ihnen Dr. Andreas Menke vom Medical Park Chiemseeblick in Bernau-Felden in einem Beitrag für das Mitgliedermagazin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V..


 

Die Zahl der Erwerbsunfähigkeiten und Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen steigt: 15 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage sind mittlerweile darauf zurückzuführen. Nach Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems gefolgt von Atemwegserkrankungen sind sie damit der dritthäufigste Grund für Fehltage.

Psychische Erkrankungen sind sogar die Hauptursache für Frühberentungen – fast jede zweite gesundheitsbedingte Frühberentung hat eine psychische Ursache. Die Diagnose, die dabei am häufigsten gestellt wird: Depression. Längst zählt sie zu den Volkskrankheiten.

Fast jeder Fünfte entwickelt mindestens ein Mal in seinem Leben eine Depression. Die dramatischste Folge davon ist der Suizid: 2015 starben mehr Menschen durch Selbstmord als durch Verkehrsunfälle, Drogen und HIV zusammen.

15 %

Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen.

DEPRESSION AM ARBEITSPLATZ
WORAN ERKENNT MAN SIE?

Der Anfang einer Depression kann harmlos sein: Die Konzentrationsfähigkeit lässt nach, das Gedächtnis ist nicht mehr so verlässlich wie früher, es passieren Fehler. Im weiteren Verlauf ändert sich der Schlaf: Viele können nicht mehr ein- oder durchschlafen, andere schlafen deutlich mehr als früher und sind doch nicht erholt. Auch das Verhältnis zum Essen ist nicht mehr gleich: Die meisten haben keinen Appetit und nehmen an Gewicht ab. Manche essen dagegen aufgrund eines gesteigerten Appetits deutlich mehr.

Angst, Anspannung und Unruhe, oder sogar eine innere Getriebenheit können auftreten. Ein Teil der Betroffenen grübelt sehr viel. In einzelnen Fällen treten sogar Gedanken an Schuld oder Verarmung auf, die keine reale Grundlage haben. Mit zunehmendem Schweregrad können sich sogar Suizidgedanken oder suizidales Verhalten bis hin zum Suizid entwickeln.

 

So macht sich eine Depression bemerkbar: die 3 Hauptsymptome

  • Antriebsmangel
    Können Sie sich nur schwer zu etwas aufraffen? Selbst alltägliche Dinge fallen Ihnen schwer? Versuchen Sie, das Fällen von Entscheidungen zu vermeiden? Sind Sie schneller ermüdet als sonst?
  • Interessenverlust
    Bereiten Ihnen Hobbys, Ihre Arbeit oder Freizeitaktivitäten nicht mehr so viel Freude? Machen Ihnen gemeinsame Unternehmungen mit der Familie oder Freunden keinen Spaß mehr?
  • Niedergedrückte Stimmung
    Fühlen Sie sich häufig niedergeschlagen? Haben Sie das Gefühl, Ihre eigenen Emotionen nicht mehr wahrnehmen zu können? Fast wie versteinert zu sein?

Aber aufgepasst: Nicht jede Depression ist gleich! Bei manchen Unterarten dieser Erkrankung stehen andere Symptome im Vordergrund. So gibt es die somatische Depression, bei der körperliche Beschwerden wie Kopf-, Rücken- oder Magenschmerzen, oder Verdauungsunregelmäßigkeiten im Vordergrund stehen. Das kann für Betroffene manchmal einen regelrechten Ärzte-Marathon bedeuten, bevor schlussendlich die Diagnose Depression gestellt wird.

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URSACHEN EINER DEPRESSION
WARUM ERKRANKEN MAN DARAN?

Ein Zusammenspiel von genetischer Veranlagung und stressbedingten Umweltfaktoren kann zu einer Depression führen. Die Forschung geht von einer Vererbbarkeit von 40 Prozent aus – das bedeutet, dass 60 Prozent der Entwicklung einer Depression durch Umweltfaktoren erklärt werden können.

Große Studien mit mehreren 100.000 Teilnehmer identifizierten bereits erste genetische Varianten, die mit der Depression assoziiert sind. Allerdings haben diese Varianten für sich genommen nur sehr geringe Effekte auf die Entstehung einer Depression. An Umweltfaktoren haben frühkindliche Traumen die größten Effekte, da sie die körpereigen Stress-Systeme wie das Stresshormonsystem, das adrenerge Nervensystem und das Immunsystem nachhaltig prägen. Weitere relevante Umweltfaktoren sind chronische Stressoren.

STRESSFAKTOR ARBEITSPLATZ
KANN DER JOB DEPRESSIV MACHEN?

Im Allgemeinen kann Arbeit ein schützender Faktor sein: Menschen sind damit in eine soziale Struktur mit sozialem und kollegialem Austausch eingebunden. Gleichzeitig haben sie einen strukturierten Tag mit regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus. Tatsächlich tritt eine Depression bei Erwerbslosen fast zwei- bis dreimal häufiger auf als bei Erwerbstätigen.

Allerdings kann auch Arbeit zu einem chronischen Stressor werden. Studien zeigen deutlich, dass ein Ungleichgewicht an Anforderungen gegenüber Freiraum und Selbstbestimmung (Arbeitsbelastungs-Modell) sowie von Anforderungen gegenüber (finanzieller) Belohnung (Balance Aufwand vs. Belohnungs-Modell) zu einer Entwicklung einer Depression führen kann.

Typische weitere Stressoren, die zu einer Depressions-Entwicklung beitragen können, sind chronische Partnerschaftskonflikte, chronische Erkrankung, Pflege von Angehörigen sowie soziale Isolation.

 

Wie erkenne ich eine Depression bei mir, Kollegen oder Mitarbeitern?

  • Fällt die Arbeit schwerer oder braucht sie mehr Zeit?
  • Passieren häufiger Fehler als früher?
  • Ist der Schlaf schlechter geworden?
  • Dient Alkohol der Beruhigung?
  • Findet ein sozialer Rückzug statt, z. B. kein Mittagessen mehr mit Kollegen?
  • Fühlen Sie sich unruhig, angespannt oder überfordert? Oder vermittelt Ihnen ein Mitarbeiter diesen Eindruck?

Fallen Ihnen Sie solche Zeichen bei Mitarbeitern oder Kollegen auf, sollten Sie sofort die Initiative ergreifen. Sprechen Sie Ihre Beobachtungen an – verbunden mit der Botschaft, sich Sorgen zu machen. Raten Sie dazu, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Besuch beim Hausarzt oder Betriebsarzt ermöglicht es die weiteren Behandlungswege zu bahnen und Fachärzte oder Psychotherapeuten mit einzubeziehen.

BEHANDLUNG EINER DEPRESSION
WAS PASSIERT NACH DER DIAGNOSE?

Die grundlegenden Behandlungssäulen bei einer Depression bilden die Psychopharmakotherapie und die Psychotherapie. Unter letztere fällt auch die Verhaltenstherapie, die nachweislich sehr erfolgreich angewendet wird. Hocheffektive Medikamente unterstützen Betroffene ebenfalls dabei, wieder zurück ins Leben zu finden.

Zusätzlich ergänzen unterstützende Therapiemaßnahmen wie Sport, Ergotherapie, Ernährungsberatung, Musiktherapie, Kunsttherapie, Tanztherapie sowie sozialdienstliche Beratung die Behandlung. 

Antidepressiva helfen Betroffenen bei der Genesung. Begleitet werden sie von unterstützenden Therapiemaßnahmen, um das Rückfallrisiko zu minimieren.

PRÄVENTION DER DEPRESSION
SO BLEIBT DIE SEELE GESUND

Es gibt einen wichtigen Faktor, um das Risiko an einer Depression zu erkranken zu senken: Stellen Sie chronische Stressoren ab. Allerdings lassen sich nicht alle und die auch sofort ausschalten. Eine Psychotherapie kann beispielsweise nach einer Depression das Rückfallrisiko deutlich verringern. Das gilt ebenso für Psychopharmaka wie Antidepressiva oder Mood Stabilizer.

Sie können allerdings auch schon aktiv werden, bevor Sie in eine Depression hineinrutschen. Denn es gibt präventive Maßnahmen, um stressbedingten psychischen Erkrankungen vorzubeugen. Sport hat beispielsweise günstige Effekte auf das Gehirn, das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel. Auch soziale Unterstützung aus dem Umfeld sowie rege Kontakte zu Freunden und Familie senken die Stressbelastung und stärken gesundheitsförderndes Verhalten.

Auch eine natürliche Umgebung hilft dabei, besser mit Stress umzugehen. So konnten schon einige Studien zeigen, dass ein Waldspaziergang den Blutdruck, Puls und das Stresshormon Cortisol senken kann. In Japan wird dies als Shinrin Yoku, Waldbaden, bezeichnet.

Unsere Ernährung hat ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf unsere psychische Gesundheit. Die traditionelle mediterrane Kost senkt nicht nur nachweislich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern verringert gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit depressiv zu werden um etwa 30 Prozent. Ebenso positiv wirkt sich der Konsum von Fisch und von mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren auf das Depressionsrisiko aus.

PRÄVENTION UND PSYCHE
IN 5 TAGEN ZU NEUER KRAFT

Noch bevor es überhaupt zu einer längeren Auszeit infolge einer psychischen Erkrankung oder Stressfolgestörung kommt, bieten wir Ihnen im Medical Park Chiemseeblick die Gelegenheit, im Rahmen eines Kurzaufenthalts   zu mehr Klarheit finden. Denn auch bei Depressionen gilt: Handeln Sie, bevor es zu spät ist. Durch unsere Präventionsstrategie wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, dem Entstehen einer psychischen Störung entgegenzuwirken – damit Ihre Seele lange gesund bleibt.

Dieser Artikel entstand mit beratender Unterstützung von Dr. Andreas Menke, Chefarzt im Medical Park Chiemseeblick in Bernau-Felden. Der Beitrag basiert auf einem Beitrag, der in VDBWaktuell (3/2020) erschienen ist – dem Magazin für Arbeitsmedizin in Deutschland vom Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte